[B] Rigaer 94 dankt!

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Liebe Freund_innen der Rigaer94 und der gepflegten Auseinandersetzung mit dem Staat.

Wir haben uns bereits gut von der Razzia erholt. Zwar ist das Bullenaufgebot immernoch immens und die meisten Menschen, die zwischen Dorfplatz und Zellestraße unterwegs sind werden mit Durchsuchungen und dummen Sprüchen durch die Bereitschaftspolizei belästigt. Gestern Abend konnten wir aber gemeinsam mit vielen Leuten in der Kadterschmiede den Tag ausklingen lassen und eine ruhige Nacht verbringen. Nach einem fleißigen Tag haben wir heute bereits wieder neue Eingangstüren und die Barrikaden sind auch wieder in passablem Zustand. Es ist also alles beim alten und wir werden auch die nächsten 25 Jahre Teil dieses rebellischen Kiezes sein, der sich für uns von seiner besten Seite gezeigt hat: wir haben von verschiedensten Leuten so viel Ermutigungen, so viele Materialspenden und Hilfsangebote erhalten, wie wir uns nicht vorstellen konnten. Tausend Dank dafür!

 

Wir nehmen die Hilfsangebote natürlich gerne an, um unser Haus wieder zur wohnlichen Festung auszubauen, die technischen Einheiten und SEK fast eine Stunde getrotzt hat. Dazu könnten wir noch mehr von folgendem gebrauchen:

 

– Schrauben und noch mehr Schrauben

– Bauholz

– Baustempel

– neue Waschmaschine (eine wurde zerstört)

– Baustrahler

– alte und neue Flexscheiben

– Elektroden zum Schweißen

– Türschließer

– Schließkästen

– Feuerlöscher

– Kuchen

 

Besucht uns gerne in unserem Hof oder meldet euch auf rigaer94@squat.net.

 

Außerdem brauchen wir Brennholz, da uns fast zwei Tonnen Holzpellets von den Bullen geklaut wurden.

 

Des weiteren sammeln wir Bildmaterial über die Bullenmaßnahmen. Falls ihr etwas zur Verfügung stellen wollt, bringt es uns gerne vorbei. Auch ermitteln wir, was die Bullen während der Razzia und am Donnerstag in den Nachbarhäusern und -höfen gemacht haben, weswegen wir gerne Informationen entgegennehmen. Bitte sendet uns keine Informationen (Gedächnisprotokolle) Daten (Bild-, Foto-, Filmmaterial) per E-Mail, der Staat schaut zu!

 

Leute, die in diesen Tagen im Zusammenhang mit der Razzia selbst Opfer von Repression wurden, können sich gerne bei uns am Tresen der Kadterschmiede am Mittwoch Abend melden, so dass wir gemeinsam Geld und moralische Unterstützung organisieren können.

 

Als Antwort auf die Polizeigewalt, die hier im Gefahrengebiet schon seit Monaten Alltag ist, mobiliseren wir zum 6. Februar um 16 Uhr zur Demo durch Friedrichshain. Die Demo ist schon seit längerer Zeit in Planung und wir hoffen jetzt erst recht, mit möglichst vielen Leuten auf die Straße zu gehen. Eine Zusammenfassung der bisherigen Mobilisierung gibt es hier: https://linksunten.indymedia.org/de/node/165444

 

Wir möchten uns bei unseren Unterstützer_innen nochmal herzlichst bedanken und unsere drohende Faust gegen die Drecksbullen und weißfleischigen Schreibtischtäter_innen zum baldigem Gruße erheben.

 

Eure Rigaer94

 


 

Nochmal die Pressemitteilung vom 14.01.2016:

 

Guten Abend,

 

ich begrüße alle Anwesenden zu dieser Pressemitteilung. Als Vertreterin der Rigaer 94 werde ich im Weiteren den Hergang der gestrigen polizeilichen Durchsuchung sowie unsere Einschätzung dieser Aktion erläutern. Neben unseren anwesenden Freund_innen, die immer zu uns gehalten haben, begrüßen wir insbesondere die Vertreter_innen der Presse, die gestern einen nicht unerheblichen Teil zu dem beigetragen haben was passiert ist.

 

Im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen der letzten Monate und der öffentlichen Anfeindungen rund um das „Gefahrengebiet Rigaerstraße“ stellte die gestrige Aktion der Politik und Polizei die bisherige Spitze des Eisbergs dar. Was uns gestern passiert ist kann man nicht anders bezeichnen als politisches Kalkül, welches sich durch brutale Polizeigewalt äußerte.

 

Bereits über den Nachmittag bahnte sich an, dass gewisse Politiker und Medienvertreter wie z.B. der Innensenator Henkel, sein Pseudokontrahent Tom Schreiber sowie Polizeireporter wie Axel Lier die große Chance gekommen sahen, ein Exempel zu statuieren. Ohne eine rechtliche Grundlage ordneten sie den Angriff auf unser Haus an.

 

Der Polizeieinsatz in der Rigaerstr. 94 kann in keiner Weise als eine Art Antwort des Rechtsstaats angesehen werden, wie die Polizei es darstellt.

 

Um 20:49 Uhr verschafften sich mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei mit allerlei technischen Geräten Zugang zum Block und begannen mit dem Eindringen in den Hof der Rigaer 94. Zusätzlich drang auch ein SEK-Team über das Dach in das Haus ein. Zu keinem Zeitpunkt wurde uns mitgeteilt, welchen Zweck der Einsatz verfolgte. Es gab keinen Durchsuchungsbefehl und wir hatten keine Chance nach dem Grund der Maßnahme zu fragen und über die Eingangsmodalitäten zu verhandeln.

 

Die Beamt_innen, die über das Erdgeschoss das Haus betraten, arbeiteten sich langsam nach oben durch, wobei sie fast alle Wohnungstüren aufbrachen, die Wohnungen betraten und dort Einrichtung mutwillig zerstörten und beschmutzten.

 

Wir hatten uns in einem Raum versammelt und sobald die Bullen in Rufweite waren, gaben wir zu verstehen, dass wir keinen Widerstand leisten würden. Gleichzeitig verlangten wir einen richterlichen Beschluss, der nur mit einem Lachen quittiert wurde. Nach längerer Zeit betrat das vollvermummte Sondereinsatzkommando unseren Raum. Umgehend begannen sie, uns zu beschimpfen, Ohrfeigen zu geben und versuchten uns zu erniedrigen. Personen, die nicht deutsch sprechen, wurden in deutscher Sprache Befehle erteilt, deren Nicht-Befolgen mit deutlichen Gewaltanwendungen beantwortet wurde. Beim Abführen nach unten wurden mehrere Personen mit dem Kopf gegen Wände geschlagen, Kniestöße gegen den Körper gegeben, und Gelenke über die Schmerzgrenze verdreht. Die Prozedur glich einem Spießrutenlauf. Die SEK-Beamten, die sich durch besonderen Sadismus auszeichneten, schockierten sogar sichtlich einige der Bereitschaftspolizist_innen. Nachdem unsere Personalien in der Hofdurchfahrt aufgenommen worden waren, wurde zudem eine Person grundlos festgenommen.

 

Neben den physischen Gewaltanwendungen gegen Bewohner_innen, wurden auch viele materielle Schäden angerichtet. Es wurden Haus- und Wohnungstüren, Fenster sowie ein Treppenaufgang zerstört. In den Wohnungen selber wurden Einrichtungsgegenstände wie Spiegel, Bücherregale und Plattenspieler zerstört und entstandene Scherben in den Betten verteilt. Zusätzlich wurden neben Werkzeuge und Baumaterialien auch ca. 2 Tonnen Heizmaterial grundlos beschlagnahmt. Insgesamt machte sich die Polizei 9 Stunden lang unbeaufsichtigt im Haus zu schaffen.

 

Für die geklauten Gegenstände wurde uns kein Beschlagnahmungsprotokoll ausgehändigt. Unseren Anwält_innen wurden falsche Tatsachen vorgetäuscht, wie z.B., dass die Beamt_innen keine Wohnungen betreten hätten. Ihnen wurde außerdem der Zutritt verwehrt. Im Ergebnis halten der genannte Rechtsgrund sowie die Art und Weise des massiven Einsatzes in dem Haus keinen rechtstaatlichen Maßstäben stand und sind vielmehr als rechtsgrundlagenlose Einschüchterungs- und Vergeltungsaktion zu bewerten, wobei sämtliche Bewohner_innen des Hauses in eine Art Sippenhaft für Straftaten genommen wurden, die sich in letzter Zeit in Friedrichshain ereignet haben sollen, ohne dass es bisher jemals einen konkreten Tatverdacht gegen einen einzigen Bewohner_in gegeben hätte .

 

Wir werden auf dem Rechtsweg die offensichtliche Willkür feststellen lassen, um zu verhindern, dass dieses Verhalten zur Regel wird. Wesentlich mehr Wert legen wir jedoch darauf, dass die politischen Drahtzieher zur Verantwortung gezogen werden. Nicht nur für diese Razzia, sondern auch für die Einrichtung einer rechtlichen Sonderzone in unserem Gefahrengebiet, für die strukturelle Gewalt der Gentrifizierung, für den täglichen Polizeiterror gegen Geflüchtete, Antifaschist_innen und alle anderen Widerständigen. Denn in diesem Kontext verorten wir sowohl unseren täglichen Kampf als auch die willkürlichen Angriffe der staatlichen Exekutive, die gestern unser Zuhause aufgesucht haben.