geschrieben von Antifaschistische Aktion Burg
Am 14. und 21. Juli 2014 wurde vor dem Magdeburger Landgericht erneut gegen einen Antifaschisten aus Burg (Sachsen-Anhalt) verhandelt. Hintergrund waren die entschlossenen antifaschistischen Aktionen gegen den Nazi-Großaufmarsch am 14. Januar 2012 in Magdeburg. Dem Betroffenen wurden das versuchte Durchbrechen von Polizeiabsperrungen entlang der Naziroute sowie der Angriff auf Polizisten, die den Aufmarsch der Faschisten schützten, vorgeworfen. Die beiden Verhandlungstage endeten mit einer Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten, ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung und einer Zahlung von 500 Euro.
Damit wurde nun schon der fünfte Antifaschist aus Burg in den »Magdeburg 2012« Verfahren verurteilt – gegen weitere wird noch ermittelt.
Um allein die Anwalts- und Prozesskosten sowie die Strafe in diesem Verfahren zu bewältigen, sind wir dringend auf weitere finanzielle Unterstützung angewiesen!
Die Rote Hilfe hat ein Spendenkonto für die von Repression betroffenen AntifaschistInnen aus Burg eingerichtet:
Spendenkonto:
Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Magdeburg
IBAN: DE12430609674007238315
BIC: GENODEM1GLS
GLS Gemeinschaftsbank
Verwendungszweck: Solidarität Burg
Über 25 Menschen, die sich an dem Anti-Nazi-Protest gegen einen jährlichen Nazi-Großaufmarsch beteiligten, wurden am 14. Januar 2012 in Magdeburg festgenommen. Ein Großteil der Betroffenen kam dabei aus Burg. Mehr als 30 Monate danach, wurde nun erneut ein Antifaschist aus der Kleinstadt in Sachsen-Anhalt verurteilt. Da noch immer gegen weitere Personen ermittelt wird, gehen wir davon aus, dass es in den kommenden Monaten zu weiteren Verhandlungen kommen wird und rufen deshalb weiterhin dazu auf, sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen. Folgend dokumentieren wir einen kurzen Rückblick auf den 14. Januar 2012, der damit verbundenen Repression und die bisherigen Verurteilungen:
Der 14. Januar 2012 in Magdeburg
Zum 13. Mal nahmen am 14. Januar 2012 mehrere hundert Neonazis die Bombardierung der Stadt Magdeburg im Zweiten Weltkrieg durch die Alliierten zum Anlass, einen sogenannten „Trauermarsch“ durchzuführen und damit geschichtsrevisionstische Positionen zu verbreiten. Im Gegensatz zu den Jahren zuvor, mobilisierten verschiedene Bündnisse und Gruppen bundesweit gegen diesen Aufmarsch, weshalb deutlich mehr Menschen nach Magdeburg kamen um sich an den antifaschistischen Aktionen zu beteiligten. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vertreten, setzte – für Magdeburger Verhältnisse neu – Wasserwerfer ein. Bereits am Vorabend des Aufmarsches wurde die komplette Route der Faschisten mit sogenannten „Hamburger Gittern“ eingezäunt. Dennoch gelang es, kleinere Blockaden zu errichten und die Nazis punktuell anzugreifen. Der Aufmarsch konnte zwar nicht verhindert werden, wurde aber massiv gestört.
Hetze, Polizeigewalt und Festnahmen
Der Protest gegen den Naziaufmarsch wurde schon im Vorfeld durch verschiedene MedienvertreterInnen und Politiker unterteilt. Diejenigen, die sich an der „Meile der Demokratie“ beteiligen, wurden als „gute“ AntifaschistInnen dargestellt. Menschen, die sich aktiv den Nazis in den Weg stellen, wurden hingegen als „Chaoten“ und zum Teil auch als „Kriminelle“ verunglimpft. Der Polizei wurde es leicht gemacht, massiv gegen die Menschen vorzugehen, die sich abseits der Meile befanden. AntifaschistInnen wurden von der Polizei durch die Stadt gejagt und u.a. durch Pfefferspray und Knüppeleinsätze verletzt. Im gesamten Stadtgebiet kam es zu brutalen Festnahmen von Antifas, wobei eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit aus Leipzig besonders in den Vordergrund trat. Höhepunkt des Polizeieinsatzes an diesem Tag war der Angriff der Polizei auf das Soziale Zentrum in Magdeburg-Stadtfeld, welches später von der Polizei umstellt und anschließend durchsucht wurde. In den Medien wurde dies später mit einem angeblichen Wurf einer Betonplatte aus dem Zentrum auf Polizisten gerechtfertigt.
Linke Szene im Visier
Nicht die Tatsache, dass erneut über 1.000 Neonazis durch Magdeburg marschieren konnten, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten oder das unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei, die diesen Aufmarsch erst möglich machte, war wenige Tage später Thema in den Medien, sondern der antifaschistische Protest. Dabei stand der angebliche Betonplattenwurf im Mittelpunkt der Vorwürfe eines behaupteten massiven Angriffs auf Polizeikräfte. Die antifaschistische Mobilisierung und der Protest am 14. Januar sollte damit kriminalisiert und der Weg frei für weitere Repressionsmaßnahmen gemacht werden. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) verkündete noch im selben Monat, dass die linke Szene nun verstärkt ins Visier genommen werden wird. Die Hausdurchsuchungen bei AntifaschistInnen in Burg und Magdeburg in den darauffolgenden Monaten sind dabei nur ein Beispiel wie seit Januar 2012 in Sachsen-Anhalt gegen Menschen vorgegangen wird die sich aktiv gegen Neonazis engagieren.
Die ersten Verurteilungen
Bereits Anfang 2013 kam es zur ersten Verhandlung gegen einen Antifaschisten aus Burg im Zusammenhang mit den Anti-Nazi-Protesten in Magdeburg. Der Betroffene wurde zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Wir haben schon damals darauf aufmerksam gemacht, dass davon auszugehen ist, dass auch bei den weiteren Verhandlungen gegen unsere GenossInnen die Justiz versuchen wird, den Beschuldigten eine höchstmögliche Strafe aufzudrängen. Dieser Hinweis hat sich in darauffolgenden Monaten auch bestätigt. In den späteren Verhandlungen gegen drei weitere AntifaschistInnen aus Burg kam es ebenfalls zu Verurteilungen. Diese wurden zwar auch zu Freiheitsstrafen verurteilt, allerdings wurden diese zur Bewährung ausgesetzt. Dazu kamen die Anwalts- und Prozesskosten, die sich bei allen Betroffenen in einem vierstelligen Bereich befinden.
Der Prozess vor dem Landgericht
Vor dem Magdeburger Landgericht wurde zuletzt an zwei Tagen – dem 14. und 21. Juli 2014 – in einem Berufungsverfahren gegen einen weiteren Antifaschisten aus Burg verhandelt. Diesem wurde vorgeworfen, sich ebenfalls an den entschlossenen Aktionen gegen den Nazi-Großaufmarsch in Magdeburg beteiligt zu haben. Genauer gesagt, soll es um versuchte Durchbrüche durch Polizeiabsperrungen und Angriffe auf Polizisten gehen. Da es aber keine Foto- oder Videoaufzeichnungen gibt, die irgendeinen der Tatvorwürfe belegen, bauten die Ermittlungen hier vor allem auf fragwürdige Aussagen von Polizisten der BFE aus Leipzig auf. Diese belasteten den Betroffenen massiv. Hinzu kam die Aussage eines Kriminalbeamten aus Magdeburg. Der Antifaschist wurde zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung und zu einer Zahlung von 500 Euro verurteilt.
Anna und Arthur hielten & halten das Maul
Die Betroffenen AntifaschistInnen machten während den Ermittlungen und den späteren Verhandlungen keine Aussagen bei Polizei und Justiz oder distanzierten sich von den jeweiligen Vorwürfen. Egal wie hoch die Strafe für die/den einzelnen ausfiel, es wurde Kollektiv das Maul gegenüber den staatlichen Repressionsorganen gehalten und sich nicht von einem entschlossenen Antifaschismus distanziert. Jede Aussage, auch zur eigenen Entlastung, wäre gleichzeitig eine Belastung anderer Betroffener und damit Verrat gewesen. Das Ziel der Repression, uns zu spalten und einzelne einzuschüchtern, hatte damit keinen Erfolg. Darauf gilt es aufzubauen und weiterhin die Betroffenen mit allen nötigen Mitteln zur Seite zu stehen – denn, getroffen hat es Einige doch, gemeint sind immer noch wir alle!