[Berlin] Solidaritäts-Demonstration zur JVA-Pankow

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Am 17 Mai 2015 am S- und U-Bahnhof Pankow am Garbatyplatz um 17 Uhr eine Demonstration zur JVA-Pankow um den Hungerstreik von Gülaferit Ünsal zu unterstützen und die Forderungen mit Ihr zu erkämpfen. Am Sonntag ist Gülaferit Ünsal´s 42. Hungerstreiktag. Seit dem 6. April hat Gülaferit Ünsal über 10 kg Gewicht verloren. Sie wird für Ihre Forderungen unbefristet weiter streiken.
Gülaferit ist am 6. April in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Sie fordert „Schluss mit der Zensur von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen! Schluss mit dem Komplott, mit der Provokation und dem Mobbing!“

Sie protestiert gegen das Verhalten der Knastleitung in Form von Provokationen, Mobbing und einem “faschistischen Komplott”. Des weiteren fordert sie das Ende der Medienzensur, durch Briefe, Bücher, Zeitungen und Zeitschiften.

Am Freitag, den 15. Mai wird sie den 40. Tag des Hungerstreiks erreichen! An diesem Tag wird auch der düsseldorfer Gefangene Ahmet Düzgün Yüksel in Solidarität mit den Forderungen von Gülaferit in den unbefristeten Hungerstreik treten. Die letzten 3 Tage, vom 11. zum 14.5.2015, gab es auch einen Solidaritäts-Hungerstreik der Anatolischen Föderation vor der Roten Flora in Hamburg.

Ihre Forderungen in Kurzform aus ihrer Hungerstreikerklärung:

1. Aushändigung der Zeitschrift Yürüyüs.*¹
2. Tägliche, zeitgerechte Aushändigung der Zeitungen Hürriyet, Özgür Politika, Junge Welt und TAZ, ohne Entfernung einer einzigen Seite.
3. Erlaubte Buchsendungen dürfen nicht willkürlich und illegalerweise in die Buchhandlungen zurückgeschickt werden.
4. Alle legalen Zeitschriften müssen mir ohne jegliche Antragstellung und Anfrage um Erlaubnis ausgehändigt werden.
5. Alle Bücher, Zeitschriften und Postsendungen müssen zuerst vor meinen Augen geöffnet und dürfen nicht beschlagnahmt werden.
6. Faschistische Komplotte, Provokationen und Mobbing müssen beendet werden

[*¹ Am 6.Mai, also nach Beginn ihres Hungerstreiks, wurde die Zeitschrift Yürüyüs in Deutschland verboten, somit erhält sie diese Forderung nicht mehr aufrecht]

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Zum Hintergrund der Gefangenen:

Gülaferit Ünsal ist eine politische Gefangene, die zur Zeit im Frauenknast in Pankow einsitzt. Im Mai 2013 wurde sie vor dem Berliner Kammergericht wegen ihrer vermeintlichen Mitgliedschaft in der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) nach dem Terrorparagraphen 129b StGb zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie angeblich Spenden gesammelt und Schulungen organisiert hat. Große Teile der Anklage beruhten dabei auf Informationen türkischer Sicherheitskräfte. Dass beim Zustandekommen solcher Beweise in der Türkei Folter keine Seltenheit ist, war für die Richter nicht relevant. Im Knast ist Gülaferit massiven Einschüchterungen und Schikanen durch die Anstaltsleitung und unsolidarische Mithäftlinge ausgesetzt.
»Im Gefängnis, im Hof, bei der Arbeit, im Auto, während Arztbesuchen und auf den Stationen bin ich mit heftigen Provokationen von anderen Häftlingen angegriffen worden. Obwohl ich mit Wärtern und Sicherheitsleuten gesprochen habe, haben sie sich dazu nicht geäußert und nichts dagegen getan. Man hat eher darauf gewartet und darauf gebaut, dass die Angriffe mehr werden.« schreibt sie in einem offenen Brief. Nachdem sie sich gegen ein Mitgefangene, die sie mit einem Messer bedrohte, verbal zur Wehr setzte, fiel den Schließer*innen nichts besseres ein, als Gülaferit für mehrere Stunden in ihrer Zelle einzuschließen.

 

Hungern aus Überzeugung

PROTEST Gülaferit Ünsal ist in der JVA Pankow in Hungerstreik getreten und fordert freien Medienzugang

“Schluss mit der Zensur von Zeitschriften und Zeitungen. Schluss mit der Provokation und dem Mobbing” – so beginnt die Hungerstreikerklärung von Gülaferit Ünsal, die in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Pankow inhaftiert ist. Seit 6. April verweigert die nach dem Paragraf 129 b wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilte Frau die Nahrung. Damit protestiert Gülaferit Ünsal dagegen, dass ihr die linke türkische Zeitung Yürüyus nicht ausgehändigt wird und andere Zeitungen mit großer Verspätung ankommen. Als weiteren Grund für den Hungerstreik nennt Ünsal das Mobbing von anderen Gefängnisinsassen.

“Sie wird von Mitgefangenen immer wieder beschimpft und bedroht”, erklärt Wolfgang Lettow vom Netzwerk “Freiheit für alle politischen Gefangenen”, der Ünsal regelmäßig besucht und mit ihr in Briefkontakt steht. “Ünsal hat seit Monaten versucht, ihre Situation mit juristischen Mitteln zu verbessern. Erst als das scheiterte, griff sie zum Mittel des Hungerstreiks”, sagte Lettow der taz.

Nach mehr als einem Monat der Nahrungsverweigerung beginnt langsam die Solidaritätsarbeit. Die Ortsgruppe der Roten Hilfe Berlin will mit Kundgebungen die Forderungen von Ünsal unterstützen.

Solidaritätshungerstreik

Ab 11. Mai ist Ahmed Yüksel, der in der JVA Düsseldorf inhaftiert ist, in zunächst auf drei Tage befristeten Solidaritätshungerstreik getreten. Sollte sich die gesundheitliche Situation von Ünsal verschlechtern, wollen weitere Gefangene teilnehmen.

Zum 1. Mai hatten sich sieben Insassen aus verschiedenen Gefängnissen mit einer Erklärung zu Wort gemeldet, in der sie sich als revolutionäre, widerständige und politische Gefangene bezeichnen.

Auch Gülaferit Ünsal hat diesen Aufruf unterschrieben. Die Mehrheit der UnterzeichnerInnen wurde wie sie wegen angeblicher Mitgliedschaft und Unterstützung der in Deutschland und der Türkei verbotenen Revolutionären Volksbefreiungsfront-Partei (DHKP-C) verurteilt.

PETER NOWAK

Taz Berlin 12.5.2015

http://political-prisoners.net/item/3540-hungern-aus-ueberzeugung.html