Kollektives Zentrum koZe – Here We Are (Hamburg)

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Nun ist es so weit, mit dem Fuß in der Tür des Kindergartens und Blick auf die Schule ist der erste Schritt für ein kollektives Zentrum gemacht. Nahe des Hamburger Hauptbahnhofes, im Münzviertel, entsteht ein Zentrum für solidarisches Miteinander und gegen soziale Vereinzelung. Kommt vorbei, lernt uns kennen und werdet Teil des kollektiven Zentrums.

 

Besetzung und Zwischennutzung

 

Nach einem mehrjährigem Prozess, in dem Bewohner_innen aus dem Stadtteil für ein Mitspracherecht an der Neugestaltung des ca. 8000 m² großen Areals am Schulzweg/Norderstraße gekämpft haben, wurde in den letzten Monaten – mal wieder – klar, dass es kein politisches Interesse daran gibt, Menschen in die Entwicklung ihres Viertels einzubeziehen. Knapp zwei Jahre lang haben der -verkaufende- LIG (Millerntorplatz 1) und der -kaufinteressierte- Investor (HBK, abc-Straße 45) PingPong mit ernsthaften Zwischennutzungsanfragen auf die nun schon seit geraumer Zeit leer stehenden Gebäude gespielt. Nun ist es Zeit für Handlungsstrategien außerhalb von bürokratischem Gelaber und Pseudo-Beteiligungsverfahren. Im Juli diesen Jahres wurde die logische Konsequenz aus dem Nicht-Beteiligungsverfahren gezogen, die Häuser mit etwa 200 Menschen besetzt und ein kollektives Zentrum eingerichtet. Nach sechs Stunden wurde die Besetzung durch die Polizei gewaltsam geräumt und von den Behörden Ermittlungen wegen schweren Hausfriedensbruchs eingeleitet. Unter anderem ist es dem Druck der Besetzung zu verdanken, dass es jetzt eine Zwischennutzung in dem ehemaligen Kita-Gebäude gibt – das koZe.

 

Ausprobieren und selbst machen – was ist koZe?

 

Jetzt sind ein paar Räume offen und noch mehr Menschen dabei, den neu entstandenen Ort zu nutzen und mit Leben zu füllen. In einer Stadt, in der Eigentum größer geschrieben wird als das Wohl der Menschen, in der die Mieten immer weiter steigen und es zur städtepolitischen Logik gehört, Menschen aus ihren Häusern zu klagen und Spielplätze gegen Bürogebäude einzutauschen. Einer Stadt, in der z.B. eine Hafencity aufgeschüttet wird und Steilshoop immer noch keine U-Bahn Station hat. In dieser Stadt wollen wir das koZe nutzen, um uns kennenzulernen, uns zusammenzutun und neue, radikale Perspektiven zu entwickeln. Die Möglichkeiten eines offen zugänglichen Ortes, in dem Konsum keine Voraussetzung für Teilhabe ist, selbstbestimmtes Handeln aller die hierarchischen Strukturen ersetzt und Platz ist für Neues, gilt es jetzt zu nutzen. Das koZe will sich weiterhin als aktives Mitglied des Quartiers verstehen und hier die lokalen Kämpfe mit vorantreiben, jedoch das große Ganze dabei nicht aus den Augen verlieren. Hier ist ein Ort, um sich gegen verschiedenste Arten der Unterdrückung zusammenzutun, als solidarischer Teil einer globalen emanzipatorischen Bewegung. Kommt vorbei, bringt euch ein, probiert aus und diskutiert, lest und spielt, teilt und fordert.

 

Selbstverwaltung statt Bevormundung

 

Wir wissen, was wir brauchen und wo wir es finden können. Wir zeigen hier, dass wir uns selbst organisieren können und keine vorgesetzten Autoritäten, insbesondere von Seiten der Behörden brauchen oder wollen. Der Hamburger Senat hat uns oft genug bewiesen, dass er nicht in der Lage ist, auf die Bedürfnisse der Bewohner_innen angemessen einzugehen. Als jüngste Beispiele seien hier der Abriss der Esso – Häuser oder der Umgang mit Geflüchteten zu nennen. Was wir wollen, ist selbstbestimmt zu handeln, unabhängig von der kapitalistischen Unlogik eine Struktur aufzubauen, in der konstruktiv, kritisch und solidarisch miteinander umgegangen und gekämpft wird. Wir lassen unser Viertel nicht verkaufen und akzeptieren keinen Leerstand und sinnlose Neubebauung. Hier wird kein Quadratmeter verkauft werden, den das Viertel für den eigenen Bedarf besser gebrauchen kann. Hier werden keine noch intakten Häuser abgerissen, nur um dem Profitinteresse von Stadt und privaten Investoren zu dienen! Wir lassen uns nicht abspeisen mit der prekären Lage eines monatlich kündbaren Zwischennutzungsvertrages. Wir rechnen mit dem Versuch, dass unser Hiersein und Handeln kriminalisiert wird und werden dem gemeinsam und entschlossen unseren Widerstand entgegensetzen.

 

Seid dabei und zeigt euch solidarisch, zum 31. Dezember kann hier monatlich gekündigt werden.


Es gibt viele gute Gründe gegen den Neubau am Schulzweg/Norderstraße

 

 

Das öffentliche Gebäude wird ohne Notwendigkeit durch die Behörden verkauft und damit zukünftigen Generationen jede Einflussnahme auf das Gelände genommen

 

Lediglich ein Teil der Erlöse soll der Finanzierung einer neuen Schule dienen. Es hat den Anschein, dass mit dem Geld Haushaltslöcher gestopft werden sollen. Der Bau neuer Schulgebäude ist planbar und sollte bei solider Haushaltsführung aus laufenden Mitteln finanziert werden können und nicht dadurch, dass die Stadt die Filetstücke öffentlichen Eigentums privatisiert.

 

Das Engagement der Anwohner_innen vor Ort wird ignoriert

 

Im Jahr 2011 gab es einen studentischen Wettbewerb, in dem für das Gelände städtebauliche Konzepte über mehrere Monate hinweg von Studierenden und Dozent_innen der HCU und Quartiersbewohner_innen entwickelt wurden. Dabei ging es darum, Ideen für die Erweiterung des bestehenden Quartiers und seinen gewachsenen Strukturen durch den Neubau zu entwickeln. Diese finden bei dem nun geplanten Neubau keine Berücksichtigung, obwohl die Finanzbehörde bei der Prämierung in der Jury saß und den Prozess begleitete. Erst Ende 2013 wurde das Quartier darüber informiert, dass das Gelände einem Investor anhand gegeben wurde. Dieser hat im Dezember 2013 sein fertiges Konzept für den Neubau vorgestellt, bei dem die Ergebnisse des studentischen Wettbewerbs keine Berücksichtigung fanden, obwohl dies in der Anhandgabe- vereinbarung an den Investor vertraglich festgelegt ist. Dem Anliegen, ein kollektives Zentrum für und aus dem Quartier zu entwickeln, wird keine ernsthafte Beachtung geschenkt. Es gibt bis heute keine schriftliche Verein-barung über die Rahmenbedingungen für ein solches Zentrum, obwohl dies für eine Planungssicherheit der ehrenamtlich Engagierten vor Ort notwendig wäre.

 

Der Wohnungsmix ist unsozial und auf schnelle Gewinne durch Mieter_innen- fluktuation angelegt

 

Während die Stadtteilinitiative ein Interesse an einer nachhaltigen Stadtteilentwicklung und langfristiger Identifikation mit dem Quartier hat, setzt der Investor auf Mieter_innenfluktuation. Diese Differenz zeigt sich in Wohnformen und -größen. Es sollen etwa 486 neue Wohnungen entstehen. Darunter sind lediglich 20 Wohnungen für 4 Personen oder 40 Wohnungen für 3 Personen angedacht. Alle anderen Wohnformen sind auf maximal 2 Personen ausgelegt. Bis zu 58% der Wohnungen sind Appartements, die für Studierende, Auszubildende und Senior_innen angelegt werden. Eine Mieter_innenfluktuation mit regelmäßigen Mietpreiserhöhungen ist das Geschäftskonzept des Investors. Bei einer Miete von etwa 500 EURO für ein ca. 17m² großes Studierendenappartement wird klar, dass es sich hier nicht um sozialen Wohnungsbau mit angemessenen Mieten handelt. Hinzu kommt, dass nicht feststeht, dass hier Studierende einziehen. Ein Studierendenstatus ist zum Anmieten nicht notwendig.

 

Der Wohnungsmix ist diskriminierend

 

Die von der Stadtteilinitiative geforderten Sonderwohnformen finden in den Planungen keine Berücksichtigung. In den vom Investor vorgelegten Konzepten kommen Wohnungen für Asylbewerber_innen, Wohngemeinschaften oder obdachlose Jugendliche nicht vor. Vielmehr ist es gewünscht, dass Wohnungen für obdachlose Jugendliche an anderer Stelle im Quartier errichtet werden sollen, um potentielle Mieter_innen und Investierende nicht abzuschrecken. Eine solche Ausgliederung ist für uns nicht hinnehmbar. Wir lehnen soziale Ausgrenzung ab und schöpfen unsere Kraft vielmehr aus den unterschiedlichen sozialen Biografien einzelner Menschen, nicht aus reiner Profitmaximierung.

 

Der Scheinbeteiligungsprozess wird durch Drohungen torpediert

 

Lange stimmte die Bezirkspolitik mit den Forderungen des Quartiers prinzipiell überein. Die im Raum stehende Drohung, der Hamburger Senat würde den Prozess an sich reißen, hat die Bezirkspolitik einknicken lassen. Diese stimmte nun einem Wohnungsmix zu, der noch unsozialer ist als der, den sie wenige Tage zuvor noch abgelehnt hatte. Zwar wurde der Anteil des öffentlich geförderten Wohnraums um 10% auf 60% erhöht. Gleichfalls stieg jedoch die Bruttogeschossfläche um 35%. Damit wird eher der profitorientierte, als der geförderte Teil erhöht.

 

Neubebauung verhindern, koZe bleibt!

 

Kontakt: koZe ät riseup punkt net

 

Wir solidarisieren uns mit der Forderung des Kollektiven Zentrums koZe nach einem Erhalt des Zentrums und wenden uns gegen die Neubebauung am Schulzweg/Norderstrasse.

 

Plenum Infoladen Wilhelmsburg
Magdalena K. e.V.
Dachverband autonomer Wohnprojekte
Cafe Knallhart
Libertäres Kultur- und Aktionszentrum Schwarze Katze
das T-Stuben Plenum
IL Hamburg
weltRAUM e.V.
Initiative Esso-Häuser
Gängeviertel
Stadtteilinitiative Münzviertel
Unlimited liability
Medi – Büro
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Turbine Münzviertel 4612
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